Im Frühjahr vergangenen Jahres konnte die neu gepflanzte Lindenallee in Lucklum feierlich eingeweiht werden. Im Rahmen der Aktion „Ich schenk Dir einen Baum“ wurden dabei 130 Patenschaften für die einzelnen Linden vergeben – und diese mit persönlichen Widmungen versehen. Die große Begeisterung der Paten für die Aktion hat uns dazu veranlasst, nach den jeweiligen Geschichten zu den Widmungen zu fragen, diese zu sammeln und in loser Folge zu veröffentlichen. Wir danken allen, die sich dazu bereit erklärt haben, ganz herzlich. Wer seine eigene Geschichte noch nicht erzählt hat, kann das gerne nachholen und sich bei uns melden!

 

 

 

Ein Porträt von Enkelin Felicitas Drubba

Felicitas Drubba, geborene Ruhlig, ist eins von acht Enkelindern von Erna von Henninges.  Felicitas hat  ihre Baumwidmung ihrer Großmutter zugedacht. Im Folgenden skizziert sie die Persönlichkeit dieser außergewöhnlichen Frau. Eine kurze Übersicht über die verwandtschaftlichen Verhältnisse findet sich im Anschluss an den Text.

„Wie soll ich meine Großmutter beschreiben? Die folgende kleine Geschichte bringt es auf den Punkt. Mein Großvater Segeband lernte meine Großmutter als Gutssekretärin in Eisleben kennen. Er verliebte sich in sie und als er seinen Eltern erklärte, dass er sie heiraten werde, drohte er enterbt zu werden. Doch dann stellte er seine Auserwählte, meine Großmutter Erna, seinen Eltern persönlich vor. Von da an war von „Enterbung“ niemals mehr die Rede. Sie war eben eine beeindruckende Frau.

Für uns acht Enkelkinder, von denen sie Ama genannt wurde, war sie die beste Großmutter der Welt. Mich fasziniert heute noch, wie es meine Großmutter schaffte, jedem ihrer Enkelkinder das Gefühl zu vermitteln, ihr Lieblingsenkelkind zu sein. Bei ihr fand ich immer ein offenes Ohr, bekam einen guten Rat oder auch mal eine klare Ansage, die jedoch nie den Respekt vermissen ließ.

Sehr schön war auch das offene Haus, das sie pflegte: So waren zum Beispiel auch meine Schulfreundinnen, die nicht das Glück hatten, noch Großeltern zu haben, bei ihr in Lucklum immer herzlich willkommen. Sie genoss die Gesellschaft. So gab es auch immer wieder Zusammentreffen zu Grünkohl und Bregenwurst oder auch Spargel satt. Sehr beliebt war auch das Essen in ihrer Küche, wenn sie uns mit Eierkuchen und frisch geschnittenen Äpfeln, direkt aus der Pfanne gebraten, verwöhnte.

Ama war ein Mensch, dem es immer wichtig war, dass man gut mit- und zueinander ist. Sie hat sich sehr für die Schwächeren der Gesellschaft eingesetzt. Wenn es einmal Unstimmigkeiten oder gar Streit gab, war es ihr wichtig, einen Weg zu finden, diesen schnell wieder beizulegen. Sie wurde von den Menschen aus dem Dorf auch „Die gute Seele von Lucklum“ oder „Die Frau mit dem goldenen Herzen“ genannt. Soweit ich weiß, begründet sich das auch auf die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Damals kamen viele Flüchtlinge nach Lucklum auf der Suche nach einem Dach über dem Kopf. Meine Großmutter ruhte nicht eher, bis sie persönlich für jeden der Flüchtlinge eine Unterkunft gefunden hatte. Ama hatte ein Herz für alle!

Wir liebten ihre Geschichten, wenn sie von früher erzählte und lernten bei ihr das faire Spielen, zum Beispiel beim Canasta. Im Wohnzimmer tanzten wir nach spanischer Musik, freuten uns und lachten sehr viel mit ihr. Auch Naschen war für uns Enkelkinder ein großes Thema: Die Nougatschokolade lag in der Schublade vom großen Wohnzimmerschrank, oben rechts.

Im Oktober 1995, als ihre jüngste Tochter Friederike mit ihrem Mann Horst die Silberhochzeit in Lucklum feierte, hat sie mit ihren über 90 Jahren noch allen Gästen gezeigt, wie man Gemeinschaft genießt. Die Partygesellschaft rockte den Rittersaal und die Uhr zeigte schon ein Uhr nachts, als ich Ama fragte, ob sie nicht langsam müde sei. Da erklärte sie mir: „Nein, ganz und gar nicht! Aber wenn du mir einen Gefallen tun möchtest, dann öffne mir bitte die Schnallen meiner Schuhe, weil meine Füße sind schon wieder so dick.“ Gesagt, getan und so genoss Ama ihre, wie sich später herausstellen sollte, letzte Familienfeier noch ein bisschen länger. Sie starb am 27. November 1995.

Die enge Bindung zu meiner Großmutter spüre ich nach wie vor. Ama ist mir auch heute noch ein großes Vorbild! Sie schenkte nicht nur mir Liebe, Zu- und Vertrauen,

Geborgenheit, ein Zuhause und einen Platz in ihrem großen Herzen. Sie nahm den Menschen so wie er war und machte keine Unterschiede. Durch sie habe ich gelernt, schwierige Zeiten zu überstehen, Hürden zu überwinden – und nicht aufzuhören, an das Gute im Menschen zu glauben!

Die Widmung in der Lindenallee ist für mich eine wunderbare Gelegenheit, meiner Großmutter zu gedenken.“

Erna von Henninges

Erna von Henninges (geb. Brandt) (1904-1995) war seit 1935 mit Segeband von Henninges (1907-1985), dem Enkel von Adele Cramer von Clausbruch, verheiratet. Segeband hat nach der testamentarisch von Adele (gest. 1949) festgelegten Gütertrennung das Rittergut Lucklum übernommen. Erna und Segeband hatten zwei Töchter und einen Sohn. Ihre älteste Tochter Gertraude (geb. 1939), verheiratet mit Paul Ruhlig, hat selbst drei Töchter und einen Sohn. Die Jüngste, Felicitas Drubba (geb. 1966), geborene Ruhlig, ist somit eine Enkelin von Erna von Henninges. Gertraude Ruhlig ist eine Schwester von Johann Heinrich von Henninges. Dessen ältester Sohn, Wolfram von Henninges, war bis 2012 Besitzer des Rittergutes Lucklum, bevor es die Güterverwaltung Reinau übernahm und es nun mit neuem Leben füllt.

Leider sind nunmehr alle Baumpatenschaften in unserer Lindenallee vergeben. Aufgrund der tollen Resonanz überlegen wir zur Zeit, weitere Patenschaften für neu gepflanzte Bäume auf dem Rittergut, zu vergeben. Möchten Sie über weitere Aktionen dieser Art infomiert werden? Dann schreiben Sie uns eine Nachricht an: info@rittergut-lucklum.de.