Roesner: Hirschfigur auf dem Rittergut Lucklum

Geradezu majestätisch wirkt die bronzene Hirschskulptur von Christian Rösner im großen Wirtschaftshof des Rittergutes. Von leicht erhöhter Position aus und umrahmt von großen Laubbäumen lässt der Hirsch seinen Blick in Richtung des ehemaligen Kuhstalls sowie der Bauscheune schweifen. 2018 kam die Skulptur aus dem Atelier des in Nürnberg arbeitenden Künstlers an ihren Standort. Innerhalb kürzester Zeit hat sie sich zu einem beliebten Fotomotiv in Lucklum entwickelt.

Mensch und Tier als Kernthemen des Künstlers

In sitzender Position erreicht der „Lucklumer Hirsch“ von Christian Rösner eine stattliche Höhe von 2,90 Metern. Hat er sich gerade niedergelassen, will er sich wieder erheben? Erblickt er etwas und wird er darauf reagieren? Der Bildhauer lässt diese Fragen im Sinne des „fruchtbaren Augenblicks“*, eines von Gotthold Ephraim Lessing geprägter Begriffs, für den Betrachter offen. Die Skulptur beinhaltet zugleich das Vorausgegangene wie das Kommende. Das erreicht der Künstler durch das leicht aufgesetzte Vorderbein, verstärkt wird der Eindruck durch den Verzicht auf einen Sockel. Trotz des faktischen Gewichts und des Volumens vermittelt die Bronzeskulptur Bewegtheit und kann von allen Seiten auf Augenhöhe umrundet werden.

Rösner stellt existentielle Fragen
Kernthemen des 1969 geborenen Künstlers, der an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg studiert hat, sind Mensch und Tier. Die Basis seines Werkes ist die klassische figürliche Bildhauerei, ohne dabei eine Eins-zu-eins Nachbildung anzustreben. Vielmehr bedient sich Rösner seiner künstlerischen Freiheit und fordert konventionelle Sehgewohnheiten heraus. Die raue Oberfläche der Bronze, die die groben Bearbeitungsspuren des Holzmodells abbildet, oder auch die Übersteigerung des Geweihs mittels Stangendicke und Größe hat der Bildhauer expressiv gestaltet. Der kenntnisreiche Jäger weiß zu berichten, dass ein stolzer gerader 18-Ender in der Natur sehr selten zu erblicken ist, die Dimension des „Lucklumer Hirsches“ aber in den Bereich des Jägerlateins gehören würde. Für ländliche Folklore steht der Hirsch bei Rösner indes nicht. Der Bildhauer stellt mit der Skulptur existentielle Fragen: nach Würde, Stolz, Ursprünglichkeit oder der Beziehung zwischen Mensch und Natur.

So passt dieses Kunstwerk im besonderen Maße zum Rittergut, dem Sitz der land- und forstwirtschaftlichen Güterverwaltung Reinau, die auch das Hirschgeweih im Logo führt.

Eine Bitte:
Das Fotografieren und Posieren vor und mit dem Hirsch ist natürlich erlaubt, aber bitte erklettern Sie das Kunstwerk nicht.

*Der Künstler hat einen Augenblick eingefangen, in dem die ganze Geschichte einer Figur zusammengefasst ist. Den „fruchtbaren Augenblick“ hat Lessing anhand des Laookon entwickelt: Es ist in der Kunst ein allgemein bekannter Begriff. 2019 hat dazu das Museum im Schloss in Wolfenbüttel eine Ausstellung gemacht.