In unserer Serie #Lindenallee-Geschichten geht es um die Beweggründe, die hinter den Widmungen zu den jeweiligen Bäumen stehen. Eine ganze Reihe der insgesamt 130 Baumpaten hat uns dazu Einblicke gewährt. Die Widmung von Gisela Kosera gilt ihrer Enkelin, die sie als Kind immer „Eieroma“ genannt hat….
Gisela Kosera über ein bewegtes Leben
„Für Ulrike, meine innig geliebte Enkelin“ – so steht es auf der Widmung der jungen Linde. Der Absender ist die „Eieroma“, sprich: Gisela Kosera. Was das mit Lucklum und Sao Miguel zu tun hat? Das ist eine längere Geschichte… Gisela Kosera kann auf ein spannendes und abwechslungsreiches Leben zurückblicken. Viele Jahre hatte sie mit ihrer Familie zunächst im Reitlingstal gewohnt. Ihre Enkelin Ulrike, heute 24 Jahre alt, betreute seinerzeit als „Babysitter“ sogar die Kinder der Familie von Henniges, den Vorbesitzern des Rittergutes. Doch irgendwann änderte sich alles.
„Als ich Anfang der neunziger Jahre als leitende Schwester der damals größten deutschen Dialysestation gesundheitliche Probleme bekam, schlug mein Mann vor, unser Leben völlig umzukrempeln. Wir wanderten aus, auf die Azoreninsel Sao Miguel“, so Gisela Kosera. Durch einen Bekannten hatten sie erfahren, dass jemand dort sein Anwesen veräußern wollte – kurzentschlossen entschieden sie sich zum Kauf der kleinen Farm.
„Allmählich bauten wir uns eine Existenz auf. Ich, als Stadtkind in Braunschweig geboren, erfüllte mir einen langgehegten Wunsch, viele Tiere zu halten; auch Nutztiere zum Schlachten waren darunter. Und ein großer Garten zur Selbstversorgung“, so Kosera. Da eine Farm für den Lebensunterhaltung nicht ausreichte, begann ihr Mann mit dem Bau von Häusern. Mit deutscher Gründlichkeit und tatkräftiger Unterstützung seiner Frau gelang es ihm, ein kleines, gut laufendes Unternehmen aufzubauen.
Ihre Tochter, damals schon erwachsen, war in Braunschweig geblieben. „Bald erzählte mir Vicky, dass sie Mutter würde“, so Gisela Kosera. „Zum geplanten Geburtstermin flog ich nach Deutschland, um ihr beizustehen. Schließlich hatte ich unter anderem auch in der Geburtshilfe gearbeitet. Nachdem ich Großmutter geworden war, besuchten uns die Kinder mit meiner Enkelin Ulrike regelmäßig. Mit sechs Jahren durfte Ulrike dann das erste Mal allein von Frankfurt bis Ponta Delgada fliegen, wo wir sie abholten. Immer wieder traf ich Fluggäste, die erzählten: ‚Ihre Enkelin hat uns den langen Flug bestens unterhalten und uns ausgiebig die Insel erklärt.’
Auf dem riesigen Grundstück auf Sao Migel lebten Hühner, Enten, Gänse, Kaninchen und Ziegen sowie Hunde und Katzen. „Ulrike hat mir immer sehr gern bei der Versorgung des kleinen Zoos mitgeholfen. Am liebsten ging sie ins Hühnerhaus – und kam dann später stolz mit einem Körbchen voller noch warmer Eier in die Küche“, erinnert sich Gisela Kosera. „Da sie in Braunschweig auch eine Oma hatte, mit der sie oft unterwegs war, musste ich, die Ferienoma, einen anderen Namen bekommen: Eieroma!“
Nach 18 Jahren auf der Insel kehrte Gisela Kosera 2008 nach Deutschland zurück – ebenfalls aus gesundheitlichen Gründen. An die Zeit auf Sao Migel – und besonders die schönen Wochen mit ihrer Enkelin dort – denkt sie gerne zurück – und widmete daher den Baum in der Lindenallee Ulrike. Kosera: „Der Name ‚Eieroma’ ist bis heute geblieben. Ich höre es immer noch sehr gern, weil es mich an die wunder- vollen Jahre auf der Insel erinnert.“