Bilder sind mächtig. Und können ganz unterschiedliche Reaktionen hervorrufen. Wie zum Beispiel dieses Bild von James Rizzi. Jesus als gutgelaunter Popstar? Ist das nicht zu kitschig, zu grell? Unsere Gutspfarrerin Inka Baumann plädiert jedenfalls für ein Lächeln zu Ostern. 

Eine biblische Geschichte auf dem Kirchenfenster

Die Geschichte vor der eigentlichen Geschichte
Meine Freundin ist Pfarrerin im Uni-Klinikum in Essen. Und in Essen, da gibt es die Kreuzeskirche und in der Kreuzeskirche zwei Kirchenfenster von dem New Yorker Pop-Art Künstler James Rizzi. Eines davon sehen Sie oben über diesem Beitrag. Also frage ich meine Freundin: „Sag´ mal Mieke, hast du ein Foto von dem Christus in Eurer Kreuzeskirche oder könntest du Deinen Liebsten mal dort hinbitten, damit er ein Foto macht (Er fotografiert nämlich wirklich  ganz wunderbar.)? Dann muss ich jetzt nicht selbst kommen, obwohl ich euch so gerne „in echt“ sehen würde. Und den Christus – ehrlich gesagt – auch.“

Jesus is life
„Nee“, sagt sie ganz empört, „diesen furchtbar kitschigen Christus? Den kann ich nicht leiden. Außerdem haben die Gott als alten Mann mit Bart dargestellt, gegen das Bilderverbot… das geht gar nicht!. Nee, da waren wir noch nicht und da gehen wir auch nicht hin“. Ich werde am anderen Ende des Telefons immer kleiner. „Wow!“ „Ja, ich weiß, aber das Bild will ich ja auch gar nicht. Ich will ja das andere: Jesus is life! Jesus ist Leben, heißt das.“ „Hm,“ sagt sie, “lass mich mal was versuchen.“

Drei Tage später bekomme ich von ihr eine Mail weitergeleitet: „Liebe Frau S. bitte sagen Sie Ihrer Kollegin, dass sie das Foto für ihre Zwecke kostenlos nutzen kann. Es wäre schön, ist aber auch keine Bedingung, wenn auf der Karte eine Quellenangabe steht: Evangelische Kirchengemeinde Essen-Altstadt/Frank Baranowski. Ist das vielleicht zu lang? Dann kann es zur Not auch entfallen. LG Stefan Koppelmann, Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.“ Ich bin hin und weg, wie einfach das nun ging, und freue mich total darüber. Für mich ist schon das eine österliche Erfahrung.

Und nun zur eigentlichen Geschichte
So hat man die biblischen Geschichten noch nie auf Kirchenfenstern gesehen:  Jesus wie ein gutgelaunter Popstar ­– mit weit ausgebreiteten Segens-Armen, umgeben von charmant bebrillten Engeln und knallbunten Menschen im Comic-Stil. Petrus und die anderen Jünger mit modischem Vollbart und stylischen Streber-Brillen beim Fischfang. Dazwischen freche Vögel, Blumen, Sterne, leuchtende Kelche, rote Kreuze. Alles umrahmt von einer knallroten Herzchenborte.

Muss denn Kirche düster sein?
Wie auf einem Wimmelbild entdeckt man immer wieder etwas Neues. Dieses Bild polarisiert offensichtlich! Die Einen finden es superkitschig, anstößig, viel zu menschlich, naiv und grell. Wird die Botschaft Jesu hier nicht verharmlost, fragen sie, ohne Schmerz, Schuld und Vergebung. Wo bleibt der Gekreuzigte? „Noch nie habe sie so viele lachende Menschen in einer Kirche gesehen“, sagt dagegen ein alte Dame. Sie habe Kirche von klein auf immer als düster und sündenfixiert erlebt. Aber bei diesen Bildern müsse sie automatisch lächeln. „Und sollte es nicht so sein?“, fragt sie. „Wir erleben doch jeden Tag sowieso so viel Mühevolles, Versagen, Trauer und besonders in diesen Corona-Zeiten so viel Depression! Mir tut jedes kleinste Lächeln gut.“ Was meinen Sie?

Kennen Sie das Osterlachen?
Haben wir im vergangenen Jahr nicht genug pandemische Karfreitags-Stunden, Tage und Wochen erlebt? Dunkel, angstvoll und traurig, einsam, auch sterbend. Ein Lächeln auf´s Gesicht zaubern, das war es, was sich James Rizzi beim Betrachten seiner Bilder, beim Betrachten dieses Jesus wünschte. Nicht mehr und nicht weniger. Zu simpel? In der katholischen Liturgie gibt es dafür sogar einen Begriff: „risus paschalis.” Das nennt sich Osterlachen! Es ist der Brauch, in der Predigt an Ostern die TeilnehmerInnen des Gottesdienstes herzhaft zum Lachen zu bringen. Dass das  eine Kunst ist, erleben wir in diesen Tagen ja ganz besonders. Versuchen Sie einmal einem Menschen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern oder selbst herzhaft zu lachen. Gibt’s Grund dazu?

Ich bin vergnügt
erlöst
befreit
Gott nahm in seine Hände meine Zeit.
Mein Fühlen Denken
Hören Sagen
Mein Triumphieren
Und Verzagen
Das Elend
Und die Zärtlichkeit
Was macht, dass ich so furchtlos bin
An vielen dunklen Tagen
Es kommt ein Geist in meinen Sinn
Will mich durchs Leben tragen
Was macht, dass ich so unbeschwert
Und mich kein Trübsinn hält
Weil mich mein Gott das Lachen lehrt, schreibt Hans-Dieter Hüsch.

Vertrauen in eine Schöpferkraft
Auferstehung geschieht nicht erst am Ende aller Tage. Wenn das Jesus so wichtig gewesen wäre (das Leben danach), dann hätte er mehr darüber zu erzählen gehabt. Auferstehung geschieht an jedem neuen Tag. Aufstehen, aufwachen, frei werden, heilen – und das Vertrauen nicht verlieren in eine treu-sorgende Schöpferkraft, selbst wenn gar nichts mehr geht. Mir gefällt an den Bilder von James Rizzi die Unbekümmertheit, das Leichte, die sprühende Lebensfreude, das Lächeln. So würde ich das Leben gerne leben und das Leben nach dem Leben. Aber für dieses Ostern genügt mir ein Lächeln.

Bleiben Sie behütet,
gesegnete, frohe Ostern,
Ihre Inka Baumann