Unser Gutshaus wird derzeit akribisch unter die Lupe genommen. Drei wissenschaftliche Mitarbeiterinnen des Zentrums für Architekturdokumentation, Bestandsanalyse und Entwicklung (ZABE) in Braunschweig erforschen seit einigen Wochen insgesamt 115 Räume des Hauptgebäudes auf dem Rittergut.

Nutzungen, Änderungen und Umbauten nachspüren

Die Bestandsaufnahme erscheint dabei auf den ersten Blick ganz schön antiquiert: Sie erfolgt nämlich durch Hinschauen mit den eigenen Augen, kombiniert mit konzentriertem (präzisem) Beschreiben und der Dokumentation. Letzteres erledigen Alexandra Wiesbeck-Klein, Linnea Altrogge und Lisa Marie Senne allerdings digital durch Einpflegen in eine Datenbank. Beauftragt vom Rittergut Lucklum und großzügig gefördert von der Denkmalpflege, erstreckt sich die Bestandsaufnahme des Gutsgevierts über das laufende Jahr. Bis dahin bewegen sich die drei Bauforscherinnen des ZABE, einem jungen, interdisziplinären Braunschweiger Institut für Architekturforschung, wie eine Raupe durch das Gebäude.

„Warum ist diese Methode nach wie vor aktuell?“, haben wir gefragt. „Durch die intensive Auseinandersetzung mit dem Bestand lernen wir das Gebäude und seine Baugeschichte immer besser kennen und verstehen Zusammenhänge“, erklärt Linnea Altrogge. „Das Rittergut hat eine jahrhundertealte Geschichte als Kommende des Deutschen Ordens und der privaten Eigentümerfamilien. Wir spüren den Nutzungen, den Änderungen, den Um- und Nachbauten nach.“

Türöffnungen lokalisieren und mehr
Könnte man diese zeitintensive Aufgabe nicht einer KI übergeben? „KI kann nicht hinter die Oberflächen schauen, sie kann nicht anfassen, nicht öffnen, schlecht einsehbare Bereiche nicht ermitteln“, so Alexandra Wiesbeck-Klein. „Heute haben wir beispielsweise eine ehemalige Türöffnung durch Klopfen lokalisiert. Unsere Methode unterscheidet sich in der Intensität und Erkenntnistiefe von der KI.“

Ziel der Untersuchungen auf dem Rittergut ist es unter anderem, Bauforschung dazustellen und auch zu vermitteln. Aber auch, Antworten zu finden. Beispielsweise auf die Frage: Wie sah das Gutsgeviert im 13./ 14. Jahrhundert oder im 18. Jahrhundert aus? Und wie geht nach Abschluss der Forschungsarbeiten weiter? Für das Rittergut selbst werden die Erkenntnisse im Rahmen der baulichen Instandsetzung des Gutsgevierts wichtig und hilfreich sein. Alexandra: „Die Planungen werden mit auf der Grundlage unserer Erkenntnisse erfolgen und historische Raumzusammenhänge berücksichtigen. Für mich steht auf der Grundlage dieser Bauforschung eine Dissertation zur Baugeschichte des Gutsgevierts an.“ Wir sind sehr gespannt auf die Ergebnisse!

Bildlegende
Das Team im Institut für Baugeschichte der TU Braunschweig (von links): Lisa Marie Senne, Alexandra Wiesbeck-Klein, Linnea Altrogge – alle arbeiten im Rahmen der Lucklumer Bauforschung für ZABE.

Foto: privat